Sechs tote AfD-Kandidaten innerhalb weniger Wochen – die Nachricht klingt wie der Auftakt zu einem Polit-Thriller, der ganz Nordrhein-Westfalen kurz vor der Kommunalwahl in Atem hält. Was steckt hinter der unheimlichen Serie? Wer waren die Verstorbenen, und warum wirft ihr Tod so viele Fragen auf?
Der erste Schock in Bad Lippspringe

Zwei Wochen vor der Wahl erreicht die AfD-Basis die Nachricht vom plötzlichen Tod des 59-jährigen Stefan Berendes. In Bad Lippspringe stand er mitten im Tür-zu-Tür-Wahlkampf, als er leblos in seiner Wohnung gefunden wird. Noch bevor die Parteifreunde zur Trauerfeier eilen können, macht das Wort „Unglücksserie“ die Runde.
Sein Tod zieht unmittelbare Folgen nach sich: Wahlzettel müssen neu gedruckt, Briefwahlunterlagen für über hundert Wähler annulliert werden. Die Schlagzeilen explodieren – und ahnen noch nicht, dass Berendes nur der Anfang war.
Weiter geht es mit einem zweiten Todesfall, der die Parteienlandschaft erschüttert …
Ein Domino-Effekt in vier Städten

Keine 48 Stunden später meldet Schwerte den natürlichen Tod des 71-jährigen Wolfgang Klinger. Zeitgleich trauert Rheinberg um Wolfgang Seitz, 59, einen Ruhrgebiets-Original, von dem selbst politische Gegner nur Gutes sagen. In Blomberg stirbt der 66-jährige Ralph Lange; die AfD im Kreis Lippe reagiert fassungslos.
Vier Kandidaten in vier verschiedenen Wahlkreisen – jede Gemeinde muss nun hektisch Stimmzettel ersetzen, Briefwähler neu anschreiben und Ersatzkandidaten nominieren. Das Timing: maximal ungünstig, denn bis zum Wahltermin am 14. September bleiben kaum noch Tage.
Doch die Serie hat ihr grausames Ende noch nicht erreicht – zwei weitere Namen tauchen plötzlich auf …
Die Liste wächst – und die Gerüchte beginnen zu kochen

Mit Patrick Tietze und René Herford treffen die nächsten Todesnachrichten die Reservelisten der Partei. Tietze begeht Suizid, Herford stirbt an Nieren- und Leberversagen. Dass beide keine sicheren Mandate hatten, hält die Fantasie mancher AfD-Anhänger nicht auf: In sozialen Netzwerken entsteht ein Cocktail aus Angst, Wut und Verschwörungstheorien – befeuert von reißerischen Hashtags und Kommentaren prominenter Unterstützer wie Elon Musk.
Screenshots kursieren, in denen von „politischen Morden“ und „System-Rache“ die Rede ist. Parteichefin Alice Weidel teilt die Meldungen ungefiltert, während AfD-Vize Stephan Brandner von einer „statistischen Auffälligkeit“ spricht.
Doch was sagen eigentlich Ermittler und Faktenchecker? Die Antwort überrascht …
Ermittler zerstreuen den Schatten der Gewalt

Die Polizeidirektionen in Wesel, Unna, Bielefeld und Paderborn prüfen jeden einzelnen Fall – und finden keinen Hinweis auf Fremdverschulden. Bei zwei Verstorbenen wird routinemäßig ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, beide Male ohne Ergebnis. Faktenchecker mehrerer Redaktionen bestätigen: Die Ursachen reichen von Herz- und Lebererkrankungen bis hin zu Suizid, allesamt tragisch, aber nicht strafrechtlich relevant.
AfD-Landesvize Kay Gottschalk mahnt zur Ruhe: Man werde alles transparent aufklären, ohne ins „verschwörungstheoretische Fahrwasser“ zu geraten. Doch der Schaden in der öffentlichen Wahrnehmung ist längst angerichtet – Misstrauen lässt sich nicht so leicht per Pressemitteilung ausräumen.
Bleibt nur die Frage: Ist die Serie wirklich ein exklusives AfD-Phänomen? Ein Blick auf andere Parteien bringt Klarheit …
Der größere Kontext – und was wirklich zählt am 14. September

Tatsächlich melden Wahlleiter auch zehn Todesfälle bei Kandidaten anderer Parteien: Grüne, SPD und unabhängige Listen verlieren ebenfalls Mitstreiter. Statistiker erinnern: Bei landesweit zehntausenden Bewerbern sind vereinzelt Todesfälle vor der Wahl traurige, aber bekannte Realität.
Während die AfD in Umfragen von 5 auf 14 Prozent klettert, rücken ganz andere Fragen in den Fokus: Werden verspätete Stimmzettel rechtzeitig ankommen? Wie wirken sich die Nachnominierungen auf das Endergebnis aus? Und schafft es die AfD trotz – oder gerade wegen – der morbiden Schlagzeilen, ihren „historischen Durchbruch“ in NRW zu landen?
Die Antwort fällt am Wahlabend – und erst dann endet dieser düstere Krimi um Zahlen, Zufall und Vertrauen.