Berlin betritt ein neues Kapitel der Mobilitätsgeschichte: Nach zwölf Jahren Bauzeit rollt der Verkehr seit dem 27. August 2025 über das spektakulärste – und teuerste – Stück Asphalt Deutschlands.
Eine Autobahn für die Geschichtsbücher

Der 16. Bauabschnitt der A100 verbindet nun das Autobahndreieck Neukölln mit der Anschlussstelle Treptow. Auf 3,2 Kilometern schneidet sich die Stadtautobahn durch den Südosten Berlins, halb Tunnel, halb Hochstraße – ein Bau, der Stadtteile näher zusammenbringen und andere entlasten soll.
Die ersten Pkw, Motorräder und Lkw glitten am späten Nachmittag über den nagelneuen Belag, während Kameras surrten und Autohupen jubelnd nachhallten. Die Hauptstadt hat damit ihr wohl ambitioniertestes Infrastrukturprojekt seit dem BER-Flughafen ans Netz genommen.
Lassen Sie uns nun klären, warum diese Kilometer in Gold aufzuwiegen sind …
Goldrand auf Asphalt – Rekordkosten

Über 720 Millionen Euro verschlang der Abschnitt – stolze 225 Millionen Euro pro Kilometer. Solche Summen kennt man sonst nur vom Tunnelbau in Gebirgen oder riesigen Brückenschlägen, doch hier flossen sie mitten in Berlin: 25 Brücken, kilometerlange Stützwände, modernste Lüftungs- und Solarsysteme formten ein Projekt, das längst zur Kostenspirale wurde.
Während die Bagger gruben, trieben Klagewellen, Rohstoffpreise und zusätzliche Umweltauflagen die Rechnung immer weiter nach oben. Kritiker witzeln, jeder Meter sei nun wertvoller als eine Berliner Altbauwohnung – und das will etwas heißen.
Aber wer durfte diesen glänzenden Schatz eigentlich feierlich eröffnen?
Politprominenz hinter verschlossenen Türen

Traditionelle Banddurchschneidung am Asphaltrand? Fehlanzeige. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner zogen sich in das Hotel Estrel zurück, um dort im kleinen Kreis anzustoßen. Offiziell hieß es, man wolle „mögliche Sicherheitsrisiken“ minimieren – inoffiziell war allen klar, dass lautstarker Protest vorprogrammiert war.
So ging das Eröffnungsfoto ohne jubelnde Bauarbeiter oder winkende Kinder in die Archive ein; stattdessen prangte im Hintergrund sterile Hotellobby. Ein Autobahn-Meilenstein, zelebriert in klimatisierter Zurückhaltung.
Doch draußen vor den Türen brodelte es …
Proteste, Banner und ein rotes „ENDE“

Noch bevor die ersten Motoren aufheulten, entrollten Aktivistinnen und Aktivisten ein fünfzig Meter langes Banner mit der Aufschrift „ENDE“ an der neuen Ausfahrt Treptower Park. Umweltverbände, Anwohnerinitiativen und Radfahrkollektive warnten, die A100 wirke wie ein „Verkehrsstaubsauger“, der Abgase und Lärm lediglich verlagere.
Trotz massivem Polizeiaufgebot blieb die Stimmung überwiegend friedlich, doch die Botschaft war unmissverständlich: Berlin dürfe nicht weiter im Beton sparen, während Klimaziele bröckeln. Viele fordern nun ein Moratorium für den geplanten 17. Bauabschnitt Richtung Lichtenberg.
Stellt sich also die Frage: Was leistet die Strecke – und wohin führt sie noch?
Tunnel, Brücken, Zukunftsfrage

Technisch ist der Abschnitt ein Meisterwerk: doppelstöckige Rampen, Photovoltaik-Module auf Lärmschutzwänden und ein Tunnel, der Regenwasser speichert. Bis zu 180 000 Fahrzeuge täglich sollen den Osten mit dem BER-Flughafen und der City West verbinden – ein Versprechen, das Staus in der Innenstadt verringern soll.
Doch das Ende der Debatte ist nicht erreicht. Ob der milliardenschwere Asphalt Berlin wirklich entlastet oder nur noch mehr Verkehr anzieht, wird sich erst zeigen. Die Politik plant bereits den nächsten Spatenstich, während Gegner juristische Bremsblöcke vorbereiten. So bleibt die Frage offen, ob diese teuerste Autobahn Deutschlands ein Triumph oder ein Denkmal der verpassten Verkehrswende wird.
Fortsetzung? Die kommenden Monate werden entscheiden, ob das Kapitel A100 hier endet – oder gerade erst beginnt.